Freitag, 22. September 2006

Der Odysee erster Teil...

Angekommen endlich. Ich dachte schon das wird nie mehr was. Je nach
Kenntnisstand weist du ja, dass ich die erste Nacht eigentlich feiernd 
verbringen wollte, aber Gottseidank kam es anders. Ich hatte ein 
Hostel, dass mich von Anfang an aufnahm. Im Flugzeug lernte ich Mikkiko 
kennen, tatsächlich eine Japanerin, aber eine von den Heimatlosen, die 
lieber die Welt bereist und schon einige Jahre in Glasgow studiert. Ich 
war noch sehr traurig zu gehen und dich zu verlassen. Ich hatte das 
Gefühl wir hätten noch viel länger abhängen und quatschen sollen als es 
dieser Sommer zumindest gegen Ende zugelassen hat. Naja ich saß also im 
Flugzeug und vermisste dich und alle anderen und freute mich nur sehr 
verhalten. Da war mir jede Ablenkung recht und Mikkiko erzählte mir ein 
wenig von ihrer Heimat und wies so in Japan is und so und kritisierte 
mein semifaschistisches, machiavelistisches Buch Hagakure (sehr zu 
empfehlen!). Und so verging der Flug recht schnell. Angekommen, wie 
sollte es anders sein, regnete es aus den vollen. Schottland halt. Im 
Nachhinein muss ich sagen es regnete gar nicht so schlimm, man lernt 
hier zu differenzieren. In nur einer Woche kenne ich jetzt schon 7 
verschieden Regenlagen! Fantastisch es geht von unsichtbarem Regen bis zu 
richtigen Platzregen, der aber nicht aufhört. Zum Glück stand mir 
Mikkiko als Führerin zur Verfügung, sie erkundigte sich wie wir zu 
unseren Unterkünften kommen. Ich bin ihr dankbar, denn so musste ich 
nicht mit den Schotten reden. Sie reden hier einen richtigen Akkzent ich 
meine es ist als würden die schwäbeln oder eher sächseln und zwar nicht 
in ganz schottland sondern scheinbar zumindestens was die Lowlands also 
den Süden angeht nur in Glasgow. Lange Rede, kurzer Sinn - ich verstehe 
recht wenig aber das Volk ist mir wohlgesinnt und überhaupt recht 
freundlich weshalb sie gerne alles für den doofen Deutschen wiederholen. 
Also Mikki erledigte das talken und ich ergab mich ins stalken, man 
einfach nur die Leute reinziehen. ich finde sogar dass die hier'n 
bißchen anders aussehen als bei uns was ich nie gedacht hätte. Und dann 
kahm ich an in meinem Hostel: Backpackers - merk es dir und vergiss es 
nicht, denn wenn du je in glasgow bist, da willst du nicht hin. Ich 
versuch mal die Eindrücke der letzten Woche zusammenzufassen. Collin der 
Besitzer is ein ca. 50-jähriger Pädofieler Schwuler mit riesigem 
Bierbauch, der sich seine Boys als Rezeptionsgehilfen hällt. Ohne Scheiß 
die jungs schulden ihm auf die eine oder andere Art Geld oder verdienen 
sich die unterkunft mit schuften und gelegentlich..... denke ich. 
Gestern hat er mich auf n bier eingeladen. Ich war vorher im Ben Nevis, 
einer local Whiskey Kneipe, in der Musikstudenten an zwei bis drei Tagen 
die Woche traditionelle Musik spielen (da is Braveheart nix dagegen 
Adresse für alle die mich besuchen). Später bin ich also bei Collin 
vorbeigegangen, direkt gegenüber vom Hostel, und es öffnen mir Mark oder 
Owen oder keene Ahnung einer von seinen Jungs. Collin sitzt also im 
roten Bademantel auf der Cauch und fängt einfach mal gediegen an zu 
spinnen, währenddessen dreht Owen einen J nach dem anderen und ich 
dachte schon shit die tillen alle aus. Also, Collin fängt an und erzä
hlt 
irgendwas davon, dass er ein Serafin ist und so?!? Naja irgendwann habe 
ich ihn nur noch ausgelacht - ich weiß etwas unhöflich aber naja - bis 
er mich dann rausgeworfen hat. Schlimm war eigentlich eher die Art wie 
er mit seinen Boys abgegangen ist, ich meine es wahr natuerlich alles 
sittlich und okay, aber den einen hat er angeschissen, dem anderen 
schoene Augen gemacht und versucht zum Kiffen zu überreden was mich dann 
zu einer Rede über die Freiheit Drogen abzulehnen gebracht hat. Shit, 
aber irgendwie waren sie dann vielleicht doch alle ganz zufrieden in 
ihrer Konstellation und ich dachte: dann such ich, rausgeschmissen wie 
ich bin, mal lieber das weite... Am nächsten Morgen war dann natürlich 
alles wieder gut (ich meine er hatte mich rausgeworfen ja - aufgrund 
meiner schlechten vibrations oder so, dabei hab ich mich köstlich 
amüsiert) und ich konnte die Fettkugel nur mit Mühe abhalten mich zum 
Abschied zu umarmen. Im Hostel selber - das echt ein Loch ist, waren 
aber auch sehr coole Leute:
 
Doro (Deutschschweizerin) mit ihrer Freundinn die entschlossen hat, 
frigide zu werden (kein scheiss, die erste Frigide die ich getroffen 
habe, ich wusste gar nicht das es das gibt bzw. das man das werden kann, 
wenn man will!); Axel, Ex-Broker (und Lichttechniker, und Handwerker, 
und was weiss ich nicht alles) und Weltenbumler der hier hängengeblieben 
ist und seit Jahren als Callcenter Agent arbeitet; Jasmina, ein 
liebenswerter kleiner Teufel, so circa acht jahre aus der Tschechei, die 
nie verstehen wollte dass ich gar nicht kitzelig bin und dann versucht 
hat, mich, weil ich rauche, mit ner pfanne zu erschlagen; Linda und 
Marcell ausm Schwarzwald, die hier wandern wollen und diverse namenlose 
Gestalten aus Australien, Schweden, Afrika und wass weiß ich bei denen 
es nicht oft über ein Gespräch oder ein Bier gekommen ist... Naja so 
viel zum Hostel ich glaub fürn backpacker urlaub ist es perfekt - allein 
von der Art her. Man trifft so viele Leute und ihr merkt: ja es war mein 
erster Hostelaufenthalt.

Nicht weit von dem Hostel liegt die Uni. Wie viele alte Schulen hier, 
sieht auch die Uni nach einer gotischen Kathedrale aus. Echt schön, du musst es sehen wenn du kommst. So etwas ist Harry Potter in Echt, 
natürlich werden die ästetischen Eindrücke ein wenig von den 
Halbwüchsigen getrübt die hier in Ausnahmefällen schon mit 16 studieren, 
schreien und cooooool sind. Zu lachen gibt es viel und dementsprechend 
entspannt ist auch der Lehrstuhl. Ich hab zwar drei advisors of studies 
aber natürlich kannte mich keiner. Mein eigentlicher Erasmus koordinator 
ist ein Monat vor meiner Ankunft in Rente gegangen und hatt die Akten 
mitgenommen, hm hört sich doch echt nach FU an oder? Du weißt wovon ich 
rede.... Aber kein Problem. Ich hab einfach versucht meinen Stundenplan 
allein zusammenzustellen und das hat denn auch funktioniert. Meine 
Erasmuskoordinatorin war ein wenig erstaunt, dass ich nach 15 minuten 
schon wieder gehen wollte. Ich mach hier jetzt drei Kurse und das sind 
ungefähr 16 SWS höchstens! Schön. Und wenn es klappt ist einer davon 
sogar Politik, aber die stellen sich n bißchen quer, weil ich nicht bei 
Poltik zugelassen bin, aber ich denke dass wird.


 
Alles ist sehr kompakt in Glasgow, was natürlich ein bißchen an meinem 
eingeschränkten Bewegungsradius liegt. Glasgow hat nämlich statistisch 
gesehen nicht nur die zweithöchste Kriminalitätsrate EU weit, nein es 
werden hier auch mehr Morde verübt als in jeder anderen Stadt auf der 
Insel. Das heißt watch your step and look ya back! Vorhin hat mich schon 
ein Junk angesprochen. Ich glaub ich hab ihn ein bißchen zu lang 
fixiert, du weißt schon halt wie in der Hasenheide.. Auf jeden Fall 
wollte er mir glaub ich Anäste..keine Ahnung wat.. andrehen, aber 
nachdem ich fünfmal what? meinte is er dann abgezogen. Ja junks und 
stricher gibts hier ziemlich viele und manchmal is mir schon n bißchen 
mulmig zumute aber man ist ja einiges gewohnt vo
n Neukölln und naja ich 
halt mich halt dann eher in dem Studentenviertel und im Zentrum auf. Der 
Rest ist rough. Auf jeden Fall  wurde mir von mehreren Einheimischen 
schon abgeraten in Localpubs zu gehen und wenn doch, dann niemals über 
Fußball oder Religion reden, da sind die Schotten wohl n bißchen eigen, 
wobei das wohl auch ne historische Sache ist. Denn seit die 
Industrialisierung zumindestens den Süden - die Lowlands - ein wenig 
entwickelt hatte  kahm es zu vielerlei kultureller Verbindungen zu 
England . Währenddessen blieb der Norden - die highlands- recht 
unterentwickelt, religiös katholisch (und Frankreich verbunden) und 
royalistisch (aber halt der schottischen Stuart-Linie gegenüber). Da 
Glasgow genau im Übergang von Highlands zu Lowlands liegt, ist die Stadt 
selbst sehr zertrennt, das spiegeln auch die konfessionell getrennten 
Fußballklubs und areas wieder. Na ich hab da noch nicht die Ahnung aber 
werd das noch auschecken. Die ersten Tage war ich öfters mal im 
Univiertel feiern und musste dazu durch n Park gehen - Kelvin 
(Thermometer Kelvin) Groove Park - tagsüber sehr schön und natürlich hab 
ich ihn auch nachts durchquert weils halt der schnellste Weg ist. 
Irgendwie hab ich dann mit n paar natives darüber geredet und die sind 
alle voll abgegangen, dass man da nie allein durchgehen darf, nicht in 
der Nacht und so. Na ok dacht ich mir und denn wurde wieder jemand 
totgeschlagen letzten Sonntag im Park, puuh. Also nachts lieber den 
weiteren Weg gehen. Das Problem ist, weil es alles so kompakt ist, 
kommen die Junks und G's halt auch in die nobleren Viertel. Aber wie 
gesagt, man muss halt gucken, wo man ist und sich anpassen, würd ich mal 
sagen.
 
So jetzt zum Feiern, ich denk dass interessiert dich noch mit am 
meißten. Ich muss sagen ich bin da eher langsam (nix von wegen die 
ersten 14 tage durchsaufen, mann). Ich hab mich also dagegen entschieden 
jeden Tag suff zu machen ist a. zu teuer und b. dafür bin ich einfach 
nicht hier. Ich lern hier ne Menge Leute kennen, unter mir wohnen nen 
paar Franzosen, ich glaub Toulouserghetto posse, die auf jeden Fall gut 
abgehen. Die sind sehr cool machen die ganze Zeit nur action, proleten 
rum und ich häng manchmal bei ihnen ab. In meinem Flat wohnt dann noch

Sir Arthur - eigentlich Arturas - aus Lettland der eigentlich Physiker
ist aber schon als Wanderarbeiter durch halb Europa gezogen ist, naja er              
verdient als Fleischliferant in Leeds halt das vierfache, von dem, was 
er sonst als Dozent zu Hause verdient. Ist auf jeden Fall kool, aber n 
bißchen anstrengend weil er sehr gebrochen Englisch spricht, aber ich 
denk das legt sich hier mit der Zeit. Auf jeden Fall is er sehr nett und 
gewöhnt sich schon schottischen Akzent an (hähä). Dann wär da noch Mike, 
ein Konstanzer, der auf jeden Fall ein sehr kooler Homie zu sein 
scheint, ich glaub mit dem werd ich hier am meißten abhängen. Mit Elisa 
(spar dir den Spruch), einer kleenen Italienerin, gehts heute abend in 
einer Erasmatikergruppe auf die Piste, mal sehen wer da alles am start 
ist. Ja denn waren da noch so'n paar Inder und ein Omaner, die auch zu 
feiern verstehen (bis auf der Omaner, weil naja trinken ist halt nicht, 
der hat für sich  sone komische Droge die er sich als kugel gerollt 
unter die nase drückt, hm komischer stuff, aber der ist auf jeden Fall 
sehr nett). Ja, du siehst, von wegen ganz viele Einheimische treffen,  
ist eher schwer hier. Es gibt n paar Klubs (schließen um 3) aber die 
sind teuer und dann jede Menge Pubs, die aber alle um 11 oder 12 
schließen. Dazu kann man bei den Burschenschaften trinken, es gibt eine 
Linke Verbindung Queen Margaret Union und eine Konservative GUU, wo man 
im Kilt zu Dudelsackmusik abtanzen kann, ganz lustig, aber halt son 
Peter Gabriel Volksmusikding. Dazu gibts hier unglaublich viele 
Deutsche, aber die sind irgendwie komisch (viele aus Mainz und dem 
Süden, aber komischerweise so gut wie keine Schwaben, Mike ausgenommen 
aber ich glaub der is Badenser!). Naja viele Posibilities schon um acht 
Uhr knülle zu sein. In den Pubs kann man, wie erwartet natürlich nicht 
rauchen, was aber hier sowieso Sauteuer ist, vielleicht hätt ich am 
Flughafen doch Tabak anstatt Bigpacks kaufen sollen, naja man lernt 
draus. Daas nicht rauchen hatt auch den Vorteil dass man draußen mit 
vielen Rauchern in Kontakt kommt! Geselliges Volk.    
 
Und nu zum letzten: meinem Flat: ich wohne in nem luxuriösen sechs 
zimmer Apartment mit küche (links) und habe meine eigenn 9 qm (wer kommt muss ne Luma und 
nen schlafsack mitbringen).










Vielen Dank Katja, dein Abschiedsgeschenk
gibt dem Raum ein bißchen Flair, natürlich auch meine Deutschlandfahne 
(Dank an Stivien und Anna) die gestern feierlich an der Toilettentür 
gehisst wurde, aber natürlich nicht hielt, ich muss mir da noch was 
überlegen und ja ich vermisse mein Berliner Schlauchbad, hier hab ich 
eine (eigene!!) Dusch- und Waschzelle mit naja 1qm oder so. Die Küche 
ist recht groß und ziemlich sauber (steigerung zum Hostel: unmeßbar). Ja 
und dann wohnt da wie gesagt noch Arthur und ich glaub ein phantom. 
weigert sich aber zu kommunizieren. pf. Ausm Fenster hab ichn 
wunderbaren Blick aufs Thistle Stadium und auf die Stadt dass heißt 
Sonntags Fuppes für umme (aber ich seh nur ein Tor).
 
Mann ist das viel für ne Woche und trotzdem hab ich nichts erzählt von 
den Bussen, den Steckern, den Drohungen unserer Putze den ganzen kleinen 
alltagssachen die mich immer wieder zum schmunzeln bringen ist halt 
alles anders hier... Ja mir gehts ziemlich gut hier. Ich bin nicht 
wirklich wehmütig, ich meine ihr fehlt mir alle sehr aber ich bin halt 
nicht alleine, weil wir sind hier alle in der gleichen Situation und das 
verbindet und kaum dass du dich versiehst hast du halb Europa an deiner 
Hacke, wenn du willst. Ich hoffe ich schaffe nächste Woche ein Konto zu 
bekommen (ist ziemlich kompliziert hier) und meine Kurse zu checken plus 
Sport, ach ja und nen Job brauch ich auch noch.  Also ich werd euch 
schreiben wenn ich Zeit finde und so. Machts gut meine Lieblingsberliner 
und sagt Berlin, dass ich ...

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